Der Ganges-Gavial, auch Gharial oder Echter Gavial, ist der einzige heute noch lebende Vertreter der Gaviale innerhalb der Krokodile. Die heute nur noch in Nepal und im Norden Indiens lebenden Populationen sind stark bedroht.
Der Prager Zoo hält als einer der wenigen Zoos in Europa diese bedrohte indische Krokodilart. Wir hatten das Glück diese seltenen Tiere an Land und unter Wasser beobachtet zu dürfen und waren wie „Mr. Spock“ zu sagen pflegte „fasziniert“ von ihnen.
Am 12.4.2008 wurde das neu errichtete Gavialhaus im Zoo Prag der Öffentlichkeit übergeben. Das neue Gebäude zeigte insgesamt sieben der akut vom Aussterben bedrohten Ganges-Gaviale in einer beeindruckenden und naturnah errichteten Anlage, die unter anderem mit Unterwasser-Schaufenstern ausgestattet ist, um die einzigartigen Krokodile auch beim Tauchen bewundern zu können. Bei warmer Witterung können die Reptilien auch einen Aussenbereich nutzen. Die Gruppe stammt aus einer Zuchtanlage im südindischen Tamil Nadu. In Mamallapuram züchtet die „Madras Crocodile Bank“ mehrere Arten von Krokodilen. Der Gavial-Nachwuchs von dort kam unter Mitwirkung von Dr. Ivan Rehák, dem Präsidenten der Tschechischen Herpotologischen Gesellschaft.
Eines von den vier Weibchen starb leider 2009 an einem Magenkatarrh. Die Gaviale sind jetzt etwa acht Jahre alt. In der Natur werden sie mit fünfzehn, sechzehn Jahren geschlechtsreif. Auf Zuchterfolge in Prag wird man daher noch einige Jahre warten müssen. Artenschützer hoffen, dass noch in diesem Jahrzehnt das erste Gaviale Paar ihre Eier schichtweise in die vorhandenen Sandgruben legt. Geeignete Brutkästen stehen schon bereit.
Gaviale können bis zu sieben Meter lang werden, aber solch große Individuen sind heute nicht mehr bekannt. Charakteristisch für die Art ist ihre lange, schmale Schnauze, die mit fortschreitendem Alter dicker und im Verhältnis zum Körper kürzer wird. Bei ausgewachsenen männlichen Tieren wächst eine knollenförmige Verdickung auf der Schnauzenspitze, die Ghara genannt wird, nach dem indischen Wort für Topf. Die männlichen Tiere schnauben durch die darunter liegenden Nasenlöcher ein Zischen aus, das durch diese Verdickung modifiziert und verstärkt wird. Der resultierende Laut kann an einem ruhigen Tag knapp einen Kilometer weit gehört werden. Eine Vielzahl von schmalen Zähnen stehen im Ober- und Unterkiefer versetzt zueinander und greifen bei geschlossenem Maul ineinander. Die Färbung der Tiere variiert von einem hellen olivgrün bis zu einem hellbraun, der Rücken und der Schwanz sind mit dunkleren Banden und Flecken gezeichnet. Die Beine sind sehr schmal und eher schwach gebaut, dafür jedoch mit großen Schwimmhäuten besonders an den Hinterbeinen bestückt. Sie ernähren sich vorwiegend von Fisch.
Von allen lebenden Krokodilen sind Gaviale am meisten an ihre Umgebung in unmittelbarer Nähe von Wasser gebunden, weil ihre Beine schwach und ungeeignet sind, sich an Land zu bewegen. Dagegen treiben sie sich mithilfe ihrer breiten ruder- artigen Schwänze im Wasser voran und sind in dieser Umgebung ausgesprochen mobil. Sie schleppen sich lediglich aus dem Wasser, um sich auf exponierten Sandbänken zu sonnen, Nester für ihre Gelege zu bauen und Eier zu legen.
Nach Angaben der IUCN geht der Bestand der Ganges-Gaviale seit 1946 drastisch zurück. Nach vorsichtigen Schätzungen schrumpfte die Gesamtpopulation in nur 60 Jahren in einer Periode von drei Generationen um 96 bis 98% – von wahrscheinlich 5.000 bis 10.000 Tieren in den 1940ern auf weniger als 200. Von geschätzten 436 Tieren im Jahr 1997 waren im Jahr 2006 nur noch 182 Tiere übrig, was einem Rückgang der Population um 58% in nur neun Jahren entspricht.
Die Ursachen des drastischen Niedergangs der Ganges-Gaviale sind vielfältig. Früher wurden Gaviale wegen ihrer Häute stark bejagt, auch galten ihre Körperteile als wertvolle Bestandteile in Natur- medizinischen Arzneien. Ihre Gelege wurden geräubert, und die Eier als Delikatesse zum menschlichen Verzehr gesammelt. Fischer haben sie aber auch getötet, da sie sie als Konkurrenten um essbare Fische betrachteten. Heute wird die Jagd nicht mehr als eine wesentliche Bedrohung angesehen. Die Anlage von Staudämmen, Bewässerungskanälen, damit zusammenhängende Trockenlegungen und Verschlammungen, aber auch die Änderung und Begradigung von Flussläufen, künstliche Eindeichung und extensive Landwirtschaft, verbunden mit Nutztierhaltung in Flussnähe, führten jedoch zu einem exzessiven und irreversiblen Verlust ihrer natürlichen Lebensräume.
Seit 2007 ist die Art als „Kritisch Gefährdet“ in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN aufgeführt und im Rahmen des Washingtoner Artenschutzübereinkommens besonders geschützt. In Indien und Nepal laufen Schutzprogramme, die das Überleben von Gavialen in ihrem natürlichen Lebensraum zum Ziel haben. Im indischen National Chambal Sanctuary in Uttar Pradesh und im Gharial Breeding Centre in Nepal’s Chitwan-Nationalpark werden Eier ausgebrütet und die Gaviale bis zu einem durchschnittlichen Alter von zwei bis drei Jahren aufgezogen. Wenn sie eine Länge von etwa einem Meter erreicht haben, werden sie in geschützte Gebiete ausgesetzt. Aber bisher konnten durch diese Freisetzungen nirgends überlebensfähige Populationen wieder aufgebaut werden.